Auswahl von Polizisten: spezielle Ausbildung, spezielle Verfahren
Eignungsdiagnostik für die Auswahl von Polizeibeamten
Bei der Auswahl von Polizeianwärtern ist solide Eignungsdiagnostik grundlegend für die Ausbildung guter Polizisten und damit auch Basis der öffentlichen Sicherheit. Personalauswahl und Bewerbersteuerung bei Polizeibehörden unterscheiden sich erheblich von betrieblichen Prozessen – es gelten partiell andere Rechtsrahmen, spezielle berufliche und formale Anforderungen und vor allem spezifische Anforderungen an die Gestaltungen des Bewerbermanagements.
Polizisten müssen Multitalente sein
Der Polizeiberuf zeichnet sich durch viele unterschiedliche Anforderungsmerkmale aus: Körperliche Fitness und Gesundheit, je nach Bundesland spezifische Mindestkörpergröße, Freiheit von Vorstrafen oder nicht bedienbaren Schulden, gute Beherrschung der deutschen Sprache und ggf. zusätzlicher Bedarfssprachen, logisches Schlussfolgern und allgemeine Intelligenz, ein hohes Maß an Selbstverantwortlichkeit, Leistungsmotivation und Frustrationstoleranz, Selbstbeherrschung, Geduld, Mut, Dominanz und soziale Kompetenz, Reaktionsgeschwindigkeit und stete Beachtung juristischer Rahmenbedingungen im beruflichen Handeln machen den Polizeiberuf zu einem Job für wahre Multitalente.
Das gilt umso mehr, da es nicht nur 16 verschiedene Landespolizeibehörden, Bundespolizei und Bundeskriminalamt gibt, sondern zusätzlich noch verschiedene Laufbahnen mit jeweils spezifischen Anforderungen: Mittlerer, gehobener und höherer Dienst fordern unterschiedliche Kompetenzen von Polizeianwärtern, Polizisten und Vollzugsbeamten und auch an Kandidaten in Aufstiegsverfahren für eine höhere Dienstgruppe. In polizeilichen Auswahl- und Einstellungsverfahren müssen all diese Anforderungen umgesetzt werden – messgenau, valide und rechtssicher.
Auswahlverfahren für Polizeianwärter: so speziell wie der Beruf selbst
Entsprechend müssen die diagnostischen Verfahren zur Auswahl von Polizeianwärtern die Heterogenität der Berufsanforderungen abbilden: Zunächst erheben Online-Personalfragebögen formal das polizeiliche Führungszeugnis und Schufa-Einträge, Staatsangehörigkeit und weitere rechtliche Voraussetzungen, die im Hintergrund durch Einstellbeamte geprüft werden. Danach folgen berufsspezifische Online-Tests, die die künftigen Polizeianwärter von zu Hause bearbeiten. Auch die Bewerber lernen hierbei schon mehr über die wirklichen Anforderungen des Berufes – denn wer denkt, der Polizeiberuf sei so, wie man ihn aus verschiedenen Polizei- und Krimi-Serien im Fernsehen kennt, täuscht sich.
Auf Basis der Ergebnisse des Online-Tests wird entschieden, wer zu den weiteren Auswahlverfahren vor Ort eingeladen wird. Je nach Bundesland (in der Schweiz Kanton respektive im Falle der Stadtpolizei je nach Kommune) sind diese Auswahltage unterschiedlich organisiert. In manchen Fällen wird an einem Tag alles erledigt, andernorts sind noch mehrere Termine erforderlich, wobei sich die Polizeibehörden aktiv darum bemühen, den Aufwand für die Bewerber und z.B. Schulausfall durch geschickte Prozessgestaltung so gering wie möglich zu halten.
Bei den Terminen vor Ort müssen sich die Bewerber verschiedenen sportlichen Leistungs- und Koordinationstests unterziehen und werden vom Polizeiärztlichen Dienst (PäD) gründlich auf Diensttauglichkeit untersucht. Die ärztliche Untersuchung bildet jedoch meist das Ende des Verfahrens, weil sie zeit- und kostenintensiv ist. Zuvor werden kognitive Leistungstests (Intelligenztests), polizeispezifische Testverfahren, Konzentrationstests, Reaktionstests und auch Sprachtests in Deutsch und anderen Sprachen durchgeführt. Hierbei ist tatsächlich nicht nur Rechtschreibung sondern auch aktives Sprachverständnis und eine sichere Beherrschung von Interpunktion und Grammatik wichtig – schließlich müssen alle polizeilichen Dokumente später als gerichtsfeste Dokumentation taugen und schon ein Komma an falscher Stelle kann den ganzen Sinngehalt eines Satzes ändern oder mehrdeutig erscheinen lassen. Auch Diktate werden bei der Personalauswahl geschrieben – natürlich hochstandardisiert über vollautomatische Korrektur und durch elektronisches Vorlesen , damit alle Bewerber gleich und fair behandelt werden.
Neben Sprache und Intelligenz bilden Persönlichkeitsmerkmale wichtige Voraussetzungen für den Polizeiberuf – deshalb finden auch Persönlichkeitstests Anwendung und leisten einen zusätzlichen Beitrag zur Eignungsfeststellung der künftigen Polizeibeamten. Während ergänzende Präsentationsaufgaben und Rollenspiele oder Gruppenübungen nur bei einigen Polizeibehörden eingesetzt werden, bildet ein Einstellungsinterview nahezu überall den Kern des Auswahlverfahrens. Insbesondere das Multimodale Interview MMI® hat sich als Standard-System (mit stets behördenspezifischer Ausgestaltung) für das polizeiliche Einstellungsgespräch entwickelt. In dem Gespräch werden die Bewerber nach ihren Erwartungen gefragt und zu den Fakten über Ausbildung und Beruf als Polizist informiert – es dient also dem gegenseitigen Austausch und damit sowohl der Behörde als auch den Bewerbern als verlässliche Informationsquelle. Durch spezifische Fragetechniken wird zudem die bisherige Bildungs- und Schulbiografie der Bewerber erhoben, Ausdrucksfähigkeit und Sprachbeherrschung sowie weitere Aspekte der Persönlichkeit ermittelt und erfragt, wie sich Bewerber in bestimmten polizeispezifischen Situationen verhalten würden. Alle Antworten werden standardisiert erfasst und rechtssicher dokumentiert – bei modernen Behörden bereits während der Gesprächsführung über Tablets, damit alle Informationen über Algorithmen ausgewertet und zu einer Entscheidungsempfehlung verdichtet werden können, ohne dass damit Verwaltungsaufwand verbunden wäre.
Spezielle Prozesse der Bewerbersteuerung
Nicht nur die einzelnen Verfahren, auch ganze Prozesse der Polizeirekrutierung sind sehr auf Effizienz für Bewerber und Einstellungsbeamten ausgerichtet: Modernes E-Recruiting verlagert viele Eingaben direkt zu den Bewerbern, die sich aber gleichzeitig die Mühe einer zeitaufwendigen und teuren Papierbewerbung ersparen.
Außerdem erlangen die Bewerber so mehr Kontrolle über ihren Auswahlprozess, zum Beispiel wenn sie online einen Fragebogen ausfüllen – ein wichtiges Kriterium, wenn sich Polizeibehörden im Wettbewerb gegen betriebliche Ausbildung behaupten müssen und ein positives Employer Image erreichen wollen. Ohne Online-Bewerbung und raffinierte Prozesse gelingt das heute nicht mehr. Kommunikation mit den Bewerbern erfolgt deshalb nicht nur per Mail, Post und Telefon sondern auch per SMS. Hierdurch gehen keine Informationen mehr verloren und die Termintreue bei Test- und Auswahltagen steigt erheblich, weil die Zielgruppe primär mit dem Smartphone kommuniziert. Wenn zusätzlich Methoden des Bewerber-Self-Service genutzt werden, mit denen die Bewerber sich selber auf angebotene Auswahltage, polizeiärztliche Untersuchungen oder Vorstellungstermine buchen können, ohne dass hierfür ein direkter Austausch mit den Einstellungsbeamten erforderlich ist, trägt das zu einer weiteren Steigerung der Geschwindigkeit bei und gute Talente können schnell für die Polizei gewonnen werden statt in Aktenstapeln zu versauern.
Manche Polizeibehörden ermöglichen ihren Bewerbern über die Rekrutierungssoftware JOBMATCHER sogar einen Einblick in ihren aktuellen Stand auf der Einstellungs-Rangliste. So sieht jeder berechtigte Bewerber auf einen Blick, wie gut es um die eigenen Chancen im Auswahlverfahren steht. Und auch die Einstellungsbeamten können auf Knopfdruck Berichte und Dokumentationen der Auswahlprozesse erstellen – zum Beispiel wenn das zuständige Innenministerium Daten zu Bewerbergruppen, Einstellungsquoten oder Ähnliches abfordert.
Eine weitere Besonderheit bei Polizeibehörden sind die Einstell- und Ausbildungszyklen. Kleinere Landespolizeibehörden stellen nur einmal jährlich ein, andere zum Beispiel zu drei Terminen pro Jahr. Auch hier muss die Software zur Steuerung des Bewerbungsprozesses spezifisch auf die Prozessschritte eingehen können. Das schließt Regelungen für Mehrfach- oder Wiederbewerber und eine zuverlässige Erkennung von Doubletten ein.
Erfahrung und Bewährung als Erfolgsvoraussetzung polizeilicher Personalauswahl
Die Auswahl von Polizeibeamten setzt erhebliche psychologische Kompetenzen, Erfahrung, Evaluation und Prozesskompetenz voraus – sowohl im Hinblick auf die Auswahlverfahren als auch die Gestaltung des Bewerbermanagements und die Rekrutierungssoftware. HR Diagnostics ist seit vielen Jahren für zahlreiche Deutsche und Schweizer Polizeibehörden und weitere Sicherheitsinstitutionen tätig. Unsere Erfahrung in polizeilicher Personalauswahl ist Garant für gleichzeitig effiziente und valide Prozesse. Unser Leistungsspektrum umfasst die Gestaltung aller Auswahlverfahren für Polizeibeamte einschließlich psychologischer Testverfahren, Interviews, Rollenspiele, Gruppenübungen und weiterer Methoden sowie Prozessberatung und eine Software für polizeispezifisches Bewerbermanagement und Bewerberverwaltung.
Polizeispezifische Evaluationen zu zahlreichen Test- und weiteren Verfahren sowohl bei der externen Bewerberauswahl als auch internen Aufstiegs- und Beförderungsverfahren dokumentieren den diagnostischen Nutzen unserer Methoden. Die Software JOBMATCHER ist in polizeispezifischer Version verfügbar, damit alle Anforderungen an rechtssichere Gestaltung des Bewerbungsprozesses, Bewerberkommunikation, Dokumentation und Reporting sowie Datenschutz abgebildet werden können und ein nahtloser Prozess aus Personalauswahl und Bewerbermanagement entsteht – damit die richtigen Bewerber in die richtige Polizeilaufbahn finden und die Rekrutierung wenig Personalressourcen bindet.
Eine Auswahl unserer polizeispezifischen Artikel und Forschungsarbeiten finden Sie hier:
- Gentsch, R. & Frintrup, A. (2000). "Auswahlverfahren für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte". Deutsches Polizeiblatt, 1, 29-30.
- Frintrup, A. & Mussel, P. (2003). "Psychologische Methoden der Personalauswahl bei der Polizei". In: C. Lorei (Hrsg.), Polizei & Wissenschaft. Kongressband der Tagung „Polizei & Psychologie“ am 18. und 19. März in Frankfurt am Main. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft.
- Frintrup, A. & Mussel, P. (2004). "Personalauswahl von Polizeibeamten und Mitarbeitern in Sicherheitsbehörden: Ein Plädoyer für psychologische Integritätsdiagnostik". Polizei und Wissenschaft, 2, 55-62.
- Frintrup, A., Behrmann, M. & Mussel, P. (2006). "Innovative Personalauswahl bei der Polizei: Integration von effizientem E-Recruiting und Personalauswahlmethoden". Kongressband der BaKÖV.
- Spengler, M. & Remke, S. (2013). "Welche Personalauswahlverfahren sagen die Eignung von Führungskräften am besten vorher?" Ergebnisse einer Testerprobung bei der Polizei Sachsen. In: Die Polizei, 6, 173-177.
- Spengler, M. & Remke, S. (2016). "Are Contextualized Personality and Situational Judgement Tests a Means to Maximize the Validity of Leadership Assessments?" Presented at the 10th ITC Conference, July1-4 2016, Vancouver, Ca.
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